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06.11.1998: Mutabor im Bärenzwinger / Dresden

 
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Wegen des heutigen Ausnahmezustandes teile ich den Bericht in 2 Teile (ich werde mich bemühen, dabei so subjektiv wie möglich zu sein, um meinem Image als arrogantes oberflächliches Arschloch gerecht zu werden)

Teil 1: Die Gäste
Zahlreich. Wirklich zahlreich. Wobei zahlreich schon fast ein wenig untertrieben ist. Es freut mich für Mutabor, daß sie so eine große Popularität errungen haben. Nur war der heutige Abend ein wenig gewöhnungsbedürftig.
Man hätte meinen können auf einem Parteitag der Biertrinkerunion, die zusammen mit den Dresdener zehnten Klassen ein Happening veranstalten, gelandet zu sein. "Bravo, Bravo"-Rufe während des Konzertes von dickbäuchigen Mitzwanzigern mit Oberlippenbart erinnerten mich eher an Jürgen-Drews-Konzerte, soweit meine Phantasie Vorstellungen über solch ein Ereignis zuläßt. Stämmige Bürschlein, die ihre Kräfte dazu nutzten, einzelne Leute wieder ins Geschubse zu werfen, legten zudem einen Hüftschwung ala Presley in seinen letzten Jahren hin. Die Message war: Kommt mir nur nicht zu nahe, meine Schwungmasse katapultiert euch ... ja, wohin nur? Es waren sowieso überall Leute! Man konnte keinen Schritt machen, ohne das Gefühl zu bekommen, von allen Seiten gleichzeitig begrapscht zu werden. Und Atmen sollte man sowieso vermeiden! Bis zum heutigen Tag hatte ich auch Probleme, mir auf einem Konzert dieser Art Leute in Schlips und Kragen vorzustellen. Jetzt finde ich mich damit ab, denn ich habe es livehaftig gesehen!!!
Der Einlaß des Bärenzwingers gab sich alle Mühe, das Publikum nach dem Kriterium volljährig auszusieben. Leider gelang das keineswegs vollständig. Ich möchte keinem unter 18 verbieten Konzerte zu besuchen, aber versuche du mal, lieber Leser, ausgelassen herumzuspringen, während man ständig das Gefühl hat, kleine Mädchen zu schlagen. Bei weiteren Massenaufläufen ist es (das ist jetzt wirklich ernst gemeint!) nur noch eine Frage der Zeit, bis es auf einem Konzert dieser Art Tote gibt!
Sänger Axel hat die Situation scheinbar ebenso eingeschätzt, denn als Abschlußworte waren von ihm zu hören, daß er sich auf das nächste Konzert in Dresden freue, er sagte aber dazu, daß das sicherlich in einer größeren Location als in dieser Fischdose sei. Mein Aufruf an den Bärenzwinger: Entweder Preise hoch (ich bezahle lieber 15,- für ein Konzert, wo ich Platz habe zum Tanzen und Luft zum Atmen als 8,- für Rumgeschubse und Füßetreten) oder eine größere Halle mieten (Straße E, Schlachthof). Vielleicht war so ein großer Andrang nicht hervorsehbar (ich gebe zu, selbst nicht mit solchen Massen gerechnet zu haben!) aber dann für's nächste Mal. Und weiter: Mit den Bierpreisen muß extrem etwas passieren! Entweder so hoch, daß sich keine Brüll-Hengste die Birne zuziehen und auf Bravo-Niveau absinken oder so niedrig, daß die genannten Herrlichkeiten VOR Konzertbeginn in der Ecke liegen!

Teil 2: Das Konzert
Bei einem Konzert ist es ja immer so, daß die Stimmung immens vom Publikum abhängt. Meine Meinung dazu habe ich bereits geschildert, das Fazit zum Konzert ist da eigentlich nur noch Formalismus. Ich habe Mutabor inzwischen 5 oder 6 mal live erlebt und bezeichne sie als besten Live-Act, den ich kenne. Die Band kann nichts für das Flair drumherum. Sie gaben ihr Bestes wie immer: Gute Laune verpackt in Blockflötenpunkrockfolk. Wer schnelle Musik mit einem Schuß Mittelalter, Geigen, Flöten und genialen deutschen Texten mag ist bei Mutabor wirklich bestens aufgehoben! Wer dazu noch sehen will, wie man sich als Sänger völlig verausgaben kann (Axel diesmal mit kleinen Zöpfchen!) - ab zum Konzert! Vermißt habe ich die Dekoration, bestehend aus bemalten Klamotten.
Interessant finde ich, wie sich eine Band ohne jegliches (mir bekanntes) Airplay im Radio so rasant entwickeln kann. Ich selbst habe vor circa 2 Jahren bei einer Freundin eine Kassette (selfmade by Mutabor!) gefunden und war hellauf begeistert. Die Begeisterung potenzierte sich nach dem ersten Konzert. (Aber man muß natürlich Platz haben, um sich auszutoben! - Ich wiederhole mich!) Damals waren auch nicht gerade wenige Leute im Bärenzwinger, aber wenig genug, um jedem seinen halben Quadratmeter Tanzfläche zu bieten. Heute ... naja, siehe Teil 1.
Aufgrund der Nebenbedingungen war das heute das schlechteste Mutabor-Konzert, daß ich erlebt habe, und auch im Vergleich mit anderen (z.B. 44 Leningrad am Montag) fällt die Kritik nicht gut aus. Ich hoffe auf mehr Raum für alle Beteiligten und die nächsten Konzerte mit den 2 Frauen und den 3 Männern werden mit Sicherheit wieder so geil, wie die vorherigen!

RetRo

 
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